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Interstitielle Cystitis: Ständiger Harndrang

Das Blasenschmerz-Syndrom: Was tun bei ständigem Harndrang?

Betroffene haben das Gefühl, dauerhaft unter einer Blasenentzündung zu leiden. Der Unterleib schmerzt und der Drang, ständig die Toilette aufsuchen zu müssen, stehen im Fokus. Mediziner sprechen vom Blasenschmerz-Syndrom. Was das ist, wie man es diagnostiziert und letztendlich therapiert, erfährst du hier.

Inhalt

Was ist Interstitielle Cystitis?

Mögliche Symptome 

Wie erkenne ich die Krankheit?

Mögliche Behandlungen 

Das Krankheitsbild

Was sich ähnlich anfühlt wie eine Blasentzündung, ist keine. Wer ständig das Gefühl hat, Wasser lassen zu müssen und diese Empfindung von unangenehmen und dauerhaften Unterleibsschmerzen begleitet wird, leidet möglicherweise unter dem sogenannten Blasenschmerz-Syndrom. Antibiotika können bei der Linderung der Beschwerden nicht helfen. Denn wer unter einer Interstitielle Cystitis (IC) leidet, bei dem sind nicht Bakterien die Übeltäter, sondern eine geschädigte GAG-Schicht der Blase. Im Genaueren ist bei Betroffenen die innere Auskleidung der Blase geschädigt. Kommt diese mit den aggressiven Stoffen des Urins in Kontakt, wird die Blasenwand dauerhaft gereizt, was die Beschwerden auslöst.

Erkrankte müssen nicht nur tagsüber sondern besonders nachts sehr häufig die Toilette aufsuchen. Schätzungen gehen von mindestens 120.000 Betroffenen in Deutschland aus. Wobei Frauen häufiger darunter leiden als Männer.

Die Anzeichen können ganz unterschiedlich sein

Die Diagnosefindung beim Blasenschmerz-Syndrom stellt sich als recht schwer dar, was sich infolgedessen negativ auf eine optimale Therapie auswirkt. Geschuldet ist das den unterschiedlichen Symptomen, die die Interstitielle Cystitis mit sich bringt.

Neben Schmerzen im Unterleib und einem ständigen Harndrang klagen Betroffene zusätzlich über Rückenschmerzen, Darmproblemen, Schmerzen im gesamten Körper oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit.

Wie die Apotheken Umschau unter Berufung auf eine Versorgungsstudie aus dem Jahr 2013 berichtet, soll eine Befragung unter Betroffenen ergeben haben, dass es im Schnitt neun Jahre gedauert haben soll, bis behandelnden Ärzte zum richtigen Befund gelangt seien.

Weiter heißt es, dass sich die Situation von IC-Patienten langsam bessert. Im Interview verrät eine Expertin, die sich seit 25 Jahren für die Aufklärung der Krankheit einsetzt, dass sich das Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten stark erweitert hat und es zeitnah ein einheitliches Diagnose- und Therapiekonzept geben soll.

Eine Blasenspiegelung kann Antwort geben

Da immer mehr Mediziner von dem Krankheitsbild wissen, bekommen Patienten deutlich schnellere Hilfe. Überweisungen in spezialisierte Praxen oder Kliniken sind dafür von Nöten. Ein Urologe rät Betroffenen mit entsprechenden Symptomen zeitnah ein Beckenbodenzentrum aufzusuchen. Für die Diagnosefindung ist eine Blasenspiegelung notwendig. Dabei wird neben einer Gewebeprobe, die eine Krebserkrankung ausschließen soll, nach histaminhaltigen Mastzellen gesucht, die sich vermehren und typisch für das Blasenschmerz-Syndrom sind. Werden diese speziellen Zellen gefunden, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich um die Interstitielle Cystitis handelt.

Wie sieht die Behandlung aus?

Medikamente

Um die geschädigte Blasenwand zu therapieren, gibt es etliche Ansätze. Viele zielen darauf ab, die GAG-Schicht wieder aufzubauen. Doch nur bei etwa der Hälfte der Patienten zeigen diese auch Erfolg.

Die Kosten für ein spezielles Medikament werden seit kurzer Zeit von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Der Wirkstoff soll nach einer sechs bis neunmonatigen Einnahmezeit zur Bildung einer neuen Schutzschicht der Blasen führen.

Einspülungen

Neben einer medikamentösen Behandlung können auch Einspülungen der Blase mit verschiedenen Wirkstoffen helfen. Zu Beginn wird dieser Eingriff einmal pro Woche durchgeführt. Danach vergrößern sich die Abstände, bis am Ende der Therapie etwa viermal pro Jahr eine Einspülung stattfindet. Die Kosten für diese Behandlungsmethode werden von den gesetzlichen Kassen in den meisten Fällen nicht übernommen.

Um die Heilungschancen zu vergrößern, gibt es noch die Möglichkeit, die Wirkung der  eingespülten Substanzen mithilfe von elektrischem Strom zu verstärken. Dafür wird die sogenannte EMDA-Therapie angewandt. Die Erfolgsquote liegt bei über 60 Prozent, sagen Experten. Die Kosten für diese Form der Therapie müssen ebenfalls privat getragen werden.

Botox

Eine weitere Möglichkeit, die Beschwerden zu lindern, ist der Einsatz des Nervengiftes Botulinumtoxin. Unter Narkose wird dieses in die Blase gespritzt. Der Effekt hält allerdings nur wenige Monate an.

Blasenschrittmacher

Ein spezieller Schrittmacher für die Blase, dessen Elektroden in den unteren Rücken eingesetzt werden, sollen helfen, die Schmerzweiterleitung zu verändern, um Patienten eine gewisse Linderung zu verschaffen.

Letzter Ausweg: Blase entfernen lassen

Zeigt kein Therapieversuch Erfolge, sehen Betroffene schließlich nur noch die Entfernung der Blase als letzten Ausweg. Der enorme Verlust der Lebensqualität und das in vielen Fällen über Jahre hinweg, ruft am Ende die OP auf den Plan.

Dabei wird sowohl die Blase als auch die Harnröhre entfernt. Der Urin wird danach in einem Auffangbeutel gesammelt, der aus körpereigenem Gewebe nachgebildet wird. Diese Ersatzblase kann dann durch den Bauchnabel oder einen Katheter selbstständig entleert werden. Alternativ kann der Urin auch in einen angeklebten Beutel, der an der Bauchdecke befestigt wird, abgeleitet werden.

Doch das Entfernen der Blase ist tatsächlich der letzte Schritt, um den Leidensweg ein für alle Mal zu beenden. Der Großteil der IC-Patienten schafft eine Linderung durch Verhaltensänderungen. Dafür werden bestimmte Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen. Hierzu zählen vor allem histaminhaltige Nahrungsmittel oder jene, die diesen Stoff im Körper freisetzen.  Parmesan etwa, Sauerkraut, Rotwein und Nüsse, sowie Erdbeeren, Orangen, Ananas und Tomaten sollten fortan vom Speiseplan weichen. Einige vertragen außerdem kein Milcheiweiß.

++ Nur ein Arzt kann eindeutig klären, woher individuelle Beschwerden kommen und was dahinter steckt! Ferndiagnosen, Zeitungsartikel oder Berichte im Netz ersetzen keine Diagnose eines Experten! ++ 

Quelle: Apotheken Umschau